Zum Buch „Der Buddha liebt Rafting“ von Ute Korinth

Warum hast du das agile Buddha Prinzip entwickelt?
Die Idee dazu schwirrte schon sehr lange in meinem Kopf herum. Eine vage Idee. Bis ich wusste, wie ich sie umsetzen konnte, hat es eine Zeit gedauert. Ich selbst hatte oft das Gefühl, das mir eine Stromschnelle nach der nächsten entgegenschleuderte, dass ich nur noch reagieren konnte und das Hamsterrad sich immer schneller drehte. Heute kann ich sagen, dass ich selbst vor einigen Jahren kurz vor dem Burnout stand. Mir ist an so vielen Stellen in so vielen Situationen aufgefallen, was in der Arbeitswelt, in der Zusammenarbeit schiefläuft und auch, dass mir Methoden fehlten, um mich selbst nicht aus der Bahn schleudern zu lassen. Dank wunderbarer Menschen habe ich viele Tools kennengelernt, habe viel gelesen, viel ausprobiert, mich weitergebildet und so letztlich dieses Prinzip entwickelt.
Ich bin fest überzeugt, dass wir gemeinsam die Arbeitswelt revolutionieren können, sodass es uns allen besser geht und wir unsere Zukunft so gestalten, wie wir sie uns wünschen.
Warum hast du dich dazu entschieden ein Buch zu schreiben?
Ich gebe Kurse an der Uni, für Akademien und Firmen und habe gemerkt, dass ich diejenigen, die freiberuflich arbeiten, oft nicht oder selten erreiche. Das sind aber häufig die Menschen, die besonders unter Druck stehen. Mir ist es wichtig, potenziell alle mit meinem Konzept dabei zu unterstützen, weniger ausgelaugt zu sein, auf Veränderungen gelassener reagieren zu können. Das Buch lässt sich wunderbar in kleinen Gruppen oder auch allein durcharbeiten. Mein Ziel ist es, dass sich das Konzept weiterverbreitet und es so vielen Menschen wie möglich als wertvoller Begleiter zur Seite steht.
Wie bist du beim Schreiben des Buches vorgegangen?
Ich habe erstmal lange überlegt, wie das Konzept ohne meine Live-Begleitung funktionieren kann. Deshalb sind die einzelnen Wochen teils ein wenig anders aufgebaut, die Übungen detailliert beschrieben und fast alle ganz allein durchführbar. Nur für ganz wenige Übungen braucht es einen anderen Menschen. Der Austausch mit Freunden, Familie und Personen im Umfeld ist natürlich sehr wertvoll. Denn die sind es, die uns kennen, die uns oft auch Dinge spiegeln können, derer wir uns gar nicht bewusst sind.
Das Buch habe ich im letzten Sommer in der Toskana geschrieben. Frühmorgens habe ich mich an den Rechner gesetzt und umgeben von einer wunderbaren Landschaft und umherschleichenden Tieren mein Konzept ausgefeilt und letztlich zu Papier oder Datei gebracht.
Welches Kapitel ist dir am leichtesten/schwersten gefallen?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Was ich sagen kann, ist, dass ich zu jedem Thema noch sehr viel mehr hätte aufschreiben können, auch viele weitere Übungen. Mir war aber wichtig, dass sich die Leserinnen und Leser, um weniger unter Druck zu stehen, nicht genau dadurch wieder gestresst fühlen. Deshalb sind die Einheiten kurz und effektiv. Auch wenn ich meine sprudelnden Ideen dafür manchmal etwas mühsam im Zaum halten musste. Fakt ist natürlich, dass das Lesen des Buches allein niemanden vom Stress befreit und dauerhaft resilient macht. Das kontinuierliche Durcharbeiten und Dranbleiben über acht Wochen ist ein Anfang, der sehr effektiv sein kann. Impulse werden gesetzt, erste Gewohnheiten entwickelt. Langfristig geht es darum, auch nach dieser Zeit dranzubleiben, um dauerhaft etwas zu bewirken.
Das Kapitel Leadership, das kein Teil des 8 Wochen Programms, sondern ein zusätzliches ist, ist mir sehr wichtig. Es ist mir auch leicht aus der Feder geflossen. Menschen in Führungsebenen stehen oft extrem unter Druck und merken gar nicht, dass sie schon monatelang auf Edge laufen und nur noch irgendwie funktionieren, keine Schwäche zeigen möchten, die Zähne zusammenbeißen und dann…. ins Burnout rasseln. Und sie sind es auch, die Teams immer wieder zur wertschätzenden Zusammenarbeit bewegen können, indem sie ein offenes und empathisches Mindset vorleben. Eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen und auf diese Weise – das haben etliche Studien bewiesen – zu Erfolg führen. Und zwar nicht durch Druck, sondern mit zufriedenen Menschen, die intrinsisch motiviert gute Arbeit leisten und dabei sogar noch Freude haben.
Du gibst für viel Reflexionsfragen nach meinem Eindruck knapp bemessene Zeitlimits. Warum machst du das?
Diese kurzen Zeitfenster kommen aus dem agilen Arbeiten. Sie bewirken, dass wir über das, was wir dort hinschreiben, nicht erst ewig lang nachdenken, sondern das aufschreiben, was uns dazu als erstes in den Sinn kommt, die intuitiven, nicht die verkopften Antworten oder Formulierungen. Und natürlich ist es so gedacht, dass später noch etwas hinzugefügt werden darf oder Listen ausweitet werden können. Dafür legt sich jeder ein Journal an oder kauft es vielleicht sogar direkt dazu.
Wie reagieren die TN auf diese Zeitvorgaben?
Bei den ersten zwei, drei Übungen ist es für die Teilnehmenden häufig noch etwas ungewohnt. Das sagen sie dann auch. Im Verlauf der Kurse bekomme ich immer wieder die Rückmeldung, wie gut kurze Zeitfenster sind, wie effektiv sie sind und wie wohltuend es ist, mal nicht ewig lang über alles nachzudenken. Ich frage manchmal nach, ob das auch das wäre, was sie aufgeschrieben hätten, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten. Oftmals unterscheiden sich die Antworten. Und das ist ein Zeichen für mich, das das hervorragend funktioniert.
Aus welchen Komponenten setzt sich das Buch zusammen? Wie ist es aufgebaut?
Das Buch setzt sich aus den Komponenten Resilienz, Mindfulness, wertschätzende Kommunikation, Zeitmanagement, agilen Methoden und Netzwerken zusammen.
Resilienz und Mindfulness sind eng verknüpft. Denn diese innere Stärke, dieses Gewappnetsein und wachsen an Herausforderungen gelingt uns mit Hilfe achtsamer Methoden. Und zwar nicht nur in den Situationen, in denen es uns schon nicht so gut geht, sondern als ständige Begleiter, die uns helfen, langfristig gut mit Druck und Veränderungen umzugehen. Ohne wertschätzende Kommunikation, die schon mit Deep Listening anfängt, funktioniert die Zusammenarbeit nicht. Wir brauchen ein gutes Zeitmanagement, denn Zeit ist eine unserer wertvollsten Ressourcen, die wir nicht ausweiten können. Wir können sie aber so nutzen, dass wir weniger gestresst sind. Und die agilen Methoden schulen uns nicht nur in Flexibilität, sie ermöglichen die Weiterentwicklung, ein vertrauensvolles Miteinander, die gemeinsame Gestaltung einer Zukunft, die uns gesünder, kreativer und erfolgreicher macht statt krank und ausgelaugt. Und wir brauchen gegenseitige Unterstützung und die Bündelung von Stärken und unterschiedlichsten Denkweisen. Nur so können wir uns gemeinsam bestmöglichst weiterentwickeln.
Übrigens geht es nicht darum, dass jeder nachher jede Übung weiterverfolgt. Ich gebe eine große Anzahl an unterschiedlichen Möglichkeiten mit und lade die Leserinnen und Leser ein, alle im Laufe der acht Wochen auszuprobieren und sich letztlich die auszusuchen, die am meisten resonieren, die sich so anfühlen, als könnten sie zum ständigen Begleiter werden.
An wen richtet sich dein Buch?
Das Buch ist wirklich für alle Menschen geeignet. Ich unterrichte das agile Buddha-Prinzip zum Beispiel an der Uni und bin begeistert, wie dankbar die Studierenden den Stoff aufsaugen. Auch im Medienbereich habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Menschen aus den Kursen gehen und sich gestärkt fühlen, dass sie anders mit ständig wachsenden Anfeindungen und Druck umgehen, dass sie selbstbewusster sind. Und zwar in dem Sinne, dass sie sich selbst bewusster sind über das, was passiert, das, was sie stresst, was sie stärkt und mehr auf sich achten.
Und hier könnte ich noch viele weitere Beispiele nennen – das Programm ist überhaupt nicht branchenspezifisch eingeschränkt.
Warum heißt das Buch „Der Buddha liebt Rafting“?
Der Buddha verkörpert Resilienz und Achtsamkeit. Er ist gelassen und bleibt fokussiert, egal, was um ihn herum passiert. Das Raftingboot fungiert als perfektes Synonym für die agilen Methoden, die zu wertschätzender und erfolgreicher Zusammenarbeit führen.
Beim Rafting und beim agilen Arbeiten geht es darum, im Rhythmus der Stromschnellen zu schwimmen und gleichzeitig offen für Freestyle zu sein. Wir müssen uns an Regeln halten, aber auch in der Lage sein, mutig zu improvisieren. In beiden Welten brauchen wir Flexibilität und Mut. Wir müssen Fehler machen, um zu lernen. Uns auf Abenteuer einlassen. Wir brauchen Vertrauen. Ohne geht es im Business ebenso wenig wie in einem Boot, in dem sich alle aufeinander verlassen müssen. Wir brauchen Fokus: Das Commitment, gemeinsam die nächste Etappe zu meistern. Selbst die Teamgröße ist mit 4 bis 8 Leuten ähnlich. Es ist erwiesen, dass genau die besonders kreativ und effektiv zusammenarbeiten können. Werden die Gruppen zu groß fressen Diskussionen zu viel Zeit, sind sie zu klein, fehlen unterschiedliche Blickwinkel und Stärken.
Und wie steuern wir? Beim Rafting mit dem Ruder, bei den agilen Methoden durch Instrumente wie Scrum, Liberating Structures oder Design Thinking. Die fördern die wertschätzende Kommunikation und die erfolgreiche Arbeit im Team. Es geht darum, das Boot und das Team in eine zukunftsfähige Richtung zu bewegen. Und wenn jemand nicht mitpaddelt – fällt das auf. Dann driften sowohl Boot als auch Projekt in eine falsche Richtung.
Immer mehr Menschen stehen gerade kurz vorm BurnOut, weil der Druck einfach zu hoch ist. Nichts ist dann wertvoller als Menschen, die dich unterstützen. Zu wissen, du bist nicht allein. Frage die Menschen um dich herum deshalb öfter: „Geht es dir gut? Geht es dir wirklich gut?“
Übrigens: Nach Hilfe zu fragen ist keine Schwäche.
Ein guter Rafter muss steuern und sich über Wasser halten können. Neben der richtigen Technik braucht er Training. Das gilt auch für das agile Arbeiten und die Resilienz.
Und nochmal zurück zur Resilienz: Wir brauchen einen Schutzanzug. Beim Rafting den Neoprenanzug, in der Arbeitswelt die innere Widerstandskraft. Damit das, was tagtäglich auf uns einprasselt, an uns abperlt und wir daraus lernen können. Und sollte das Rafting-Boot doch mal vom Kurs abkommen oder sogar umkippen - heißt es, genau wie bei einem Projekt: Ruhe bewahren, durchatmen und zum Ziel orientieren. Ich glaube, das lässt ahnen, warum der Buddha Rafting liebt?
Warum meinst du, dass Resilienz und Agilität sich so gut ergänzen?
Ich bin überzeugt, dass Resilienz und Agilität genau die Fähigkeiten sind, die wir in der heutigen, sich immer schneller verändernden Zeit, so dringend benötigen. Für mich sind sie ein perfektes Zusammenspiel. Auf der einen Seite sind wir es selbst, um die wir uns kümmern müssen, um diesen inneren Neoprenanzug zu entwickeln oder besser überzustreifen. Das heißt übrigens nicht, dass wir alles an uns abperlen lassen und wieder in den Zustand kommen, in dem wir uns davor befunden haben, sondern dass wir aus Erfahrungen lernen und uns ständig weiterentwickeln. Aber auch, dass wir mutig Neues wagen.
Eine der sieben Säulen der Resilienz ist die Netzwerkorientierung. Agile Methoden sorgen nicht nur dafür, dass wir uns weg vom Einzelkämpfertum hin zur Zusammenarbeit orientieren, sondern auch, dass wir uns gegenseitig unterstützen. Und Netzwerken heißt hier nicht Brusttrommeln, sondern die Stärken im Team zu nutzen, und auch aufeinander zu achten. Egoisten gehen in der heutigen Welt früher oder später über Bord.
Welchen konkreten Nutzen hat das Buch für diejenigen, die es lesen?
Das Buch gibt viele Methoden an die Hand, damit die Leserinnen und Leser zukünftig mögliche Unvorhersehbarkeiten oder Stromschnellen bei ihrer Raftingtour durch die Arbeitswelt mutig und selbstbestimmt meistern und daran wachsen können. Es hilft dabei sich selbst über Stärken bewusst zu werden, darüber, wie wir sie einsetzen können, aber auch dabei, besser im Team zu arbeiten, gemeinsam statt als Einzelkämpfer die Zukunft zu gestalten. Es vermittelt ein offenes und flexibles Mindset, das wir in der heutigen Zeit unbedingt brauchen, ein empathisches Heartset, denn ohne andere Menschen und gegenseitige Unterstützung ist es verdammt hart durch die heutige (Arbeits-)Welt zu cruisen, und ein effektives Toolset. Denn wir benötigen Methoden, die uns bei diesem Prozess begleiten. Methoden die sich nicht nach noch mehr Druck, sondern nach kleinen Schritten in die richtige Richtung anfühlen. Resilienz, Achtsamkeit und Agilität im Berufsalltag und im Privatleben, sind trainierbar und umsetzbar. Für jeden von uns.
Ein reines Sachbuch, in dem die Methoden fein säuberlich aufgelistet sind, ist „Der Buddha liebt Rafting“ deshalb nicht. Das ist mir wichtig. Es geht um das Erlernen und Etablieren neuer Gewohnheiten, um eigenständige Schritte zur Veränderung, verbunden mit viel
Praxis und Ausprobieren. Jeder kann entscheiden, wie die Zukunft aussehen soll. Ich lege den raftenden Buddha vertrauensvoll in die Hände und ans Herz der Menschen. Die Umsetzung liegt bei ihnen.
Your Path you must decide, wie Yoda so schön sagt.
Hast du eine Mini-Übung als kleinen Vorgeschmack?
Klar habe ich die. Sie steht nicht im Buch, ist aber sehr wirksam und macht sogar Spaß. Oft wachen wir morgens auf und sind eher so semi motiviert, sehen eine riesige To-Do-Liste vor unseren Augen und würden uns am liebsten wieder umdrehen. So starten wir direkt gestresst und mit keinem guten Gefühl in den Tag. Der Grundstein für ist gelegt, leider der falsche. Ich lade deshalb alle ein, jeden Morgen fünf Minuten etwas zu tun, was Freude und gute Laune macht. Sei es, zu einem Lieblingslied durch die Küche zu tanzen, mit dem Haustier zu spielen, mit den Kids herumzuturnen oder was auch immer. Haltet zwei Wochen lang durch und beobachtet, ob und was sich durch dieses morgendlichen fünf Minuten verändert. Ob eure Motivation steigt, ob euer Gefühl des schon morgendlichen Überfordertseins sich vielleicht ein wenig verändert. Ich wünsche euch eine wertvolle Erfahrung damit.

Das Buch ist hier erhältlich: https://www.bellingsbooks.com/online-shop
Text: Judith Barbara Shoukier und Ute Korinth
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